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Aktuelle Tätigkeit der Gesellschaft

Im Vordergrund stehen Mitgliederwerbung und Öffentlichkeitsarbeit, um das Projekt in der Region selbst und weit darüber hinaus noch bekannter zu machen.

Künstler und Entwürfe

Es ist der Gesellschaft durch die Arbeit des Künstlerischen Beirates und einer berufenen Jury (mit dem Mitgliedern Klaus Bußmann, Franz Josepf van der Grinten, Uwe Rüth und Waldo Bien) gelungen, zwei Künstler zu wählen, die zusammenarbeiteten auch mit dem Ziel, in ihren Entwürfen Gemeinsamkeiten trotz unterschiedlicher Formgebung erkennen zu lassen.

Anfang 2005 legten die beiden gewählten Künstler, Felix Droese und Jacobus Kloppenburg, ein deutscher und ein niederländischer, ihre Entwürfe vor für „ihr“ jeweiliges Ufer, nachdem es mehrere Besuche in der Landschaft des Unteren Niederrheines und der Skulpturenplätze gegeben hatte – wobei die Künstler auch zusammen anreisten.

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Felix Droese und Jacobus Kloppenburg

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Felix Droese und Jacobus Kloppenburg am Rheinstrand unter der "Großen Achse"

Die Mitglieder der Jury (Waldo Bien / Amsterdam; Prof. Klaus Bußmann / Münster; Franz Joseph van der Grinten / Bedburg-Hau; Dr. Uwe Rüth / Marl) stimmten mehrheitlich den Entwürfen zu.

Die beiden Künstler entwarfen zwei Skulpturen, die auf den ersten Blick sehr verschieden sind, aber in der Idee eine große innere Übereinstimmung zeigen, die den Dialog über den Strom hinweg ermöglicht und im Zurückgreifen auf zeitlose Formen auch in die Zukunft weisen kann. Das Material für beide Skulpturen wird ein matt polierter Edelstahl sein. Somit gelang auch, was noch als Arbeitsergebnis des Zweiten Symposiums im Jahre 2001 nicht realisierbar erschien: Eine künstlerische Zusammenarbeit für das Skulpturen-Tor am Rhein!

Entwurf von Jakobus Kloppenburg "Europaskulptur"

Jakobus Kloppenburg geht aus vom Dodekaeder in seiner platonischen Form als Pentagondodekaeder mit 20 Ecken, 30 Kanten und 12 Flächen – den Fünfecken.

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Fotomontage: Bogen ¸ber der Großen Achse, ¸ber den Strom gesehen

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Fotomontage: Europaskulptur, am niederländischen Deich

Dieser Körper ist seit mehreren tausend Jahren für den denkenden Menschen ein bedeutsames geometrisches Gebilde voller Mathematik, Harmonie und voller Zauber, seine Symmetrie „vermählt die Fünfheit mit der Sechsheit“.

Durch das Drehen eines Würfels um eine seiner Diagonalen entwickelt sich das Dodekaeder. Zitat: „Der Würfel – als Sinnbild des Irdisch-Physischen -, das Dodekaeder – als das des Kosmischen im räumlichen Ausdruck – sind nicht nur weisheitsvoll verschlungen in ehrfurchtgebietender Tiefe, sie erlauben auch dem sinnenden Betrachter vom Irdischen zum Kosmischen ganz aus eigener Kraft aufzusteigen“ (Georg Unger: Das offenbare Geheimnis des Raumes / Verlag Freies Geistesleben Stuttgart 1975).

Vom Pentagon ausgehend kommt man zum Goldenen Schnitt.

JK hat das Innere des Dodekaeders gewählt: 3 gleich große Rechtecke, zentral im Mittelpunkt des Dodekaeders in jeweils 90° zueinanderstehend verschränkt und verbunden, in der Kristallographie ein Flächenbündel genannt. Die Skulptur wird auf einer ihrer 12 Ecken stehen, alle Flächen also „schräg“ im Raume. Dafür ist ein Sockel erforderlich, der in seinen Maßen anfangs noch nicht bekannt war wie auch die Größe der Skulptur selbst noch nicht (siehe weiter unten: Konstruktionsmerkmale).

Die Skulptur soll sich im Winde drehen können: Damit werden dem Betrachter immer wieder neue Ansichten geboten und das der Skulptur innewohnende Kreuz wechselt in seinen Erscheinungsformen. Gleichzeitig wird der Wind als Naturkraft spürbar.

Auch als ein Schiffahrts-Signal oder Ordnungszeichen kann die Skulptur verstanden werden, steht sie doch an der Deichkante sichtbar für alle, die den Strom befahren und Schiffe führen. Übertragen ist sie ein Signal für das „Lebensschiff“.

Im galloromanischen Siedlungsraum, also aus der Römerzeit stammend, sind etwa 90 metallene Pentagondodekaeder von 4 bis 8 cm Größe gefunden worden, meist mit Kügelchen an den 20 Ecken, in den Flächen in verschiedener Weise durchbrochen und verziert, deren Bedeutung noch nicht klar ist, ob astronomisches Messgerät, religiöses Symbol oder Fruchtbarkeitssymbol (eine Sammlung befindet sich im Römischen Museum in Maastricht).

Kloppenburg arbeitete monatelang an seinem Entwurf weiter, um sowohl das technische Problem des Sockels und der zentralen Achse zum Drehen zu lösen, wie an der „Europäisierung“, die ihm von Anfang an wichtig war. Er löste das Problem schließlich, in dem er die 6 Buchstaben des Wortes Europa in reduzierter Form (einer von ihm selbst schon früher entwickelten Schrift) in die 6 Flügelhälften schnitt. Am 12.10.2005 übergab er uns ein Alu-Modell, mit dem wir nun zunächst bei der Gemeinde Rheinwarden vorsprachen.

Entwurf von Felix Droese – "Bogen über der Großen Achse"

Felix Droese entwarf eine bogenförmige Skulptur, vollständig aus matt schimmerndem Edelstahl bestehend, die quer zur Großen Achse ausgerichtet ist und somit fast parallel zum Strom stehen wird an der Stelle, an der sich die Ebene zum Strand neigt.

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Fotomontage: Bogen ¸ber der Großen Achse, von der Wasserseite aus gesehen

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Fotomontage: Bogen ¸ber der Großen Achse, von der Landseite aus gesehen

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Fotomontage: Europaskulptur, von der Straße aus gesehen

Im Querschnitt ist der Gesamtbogen kreuzförmig, wobei die zur im Raum senkrechten Fläche des Hauptbogens in 90° quer stehenden Flächen auf der dem Strom zugewandten Seite durchgehend, auf der abgewandten (südlichen) Seite aber unterbrochen sind in der Weise, dass sich zehn vorspringende Flächen mit 10 etwa gleich großen Unterbrechungen abwechseln. Diese queren Flächen bilden den zentralen genauen Kreisbogen.

Auf der Höhe des Bogens befindet sich ein Kreuz in der Form, wie es, von oben gesehen, auch griechisches Kreuz genannt wird und wie es dem Querschnitt des Bogens entspricht. Es erscheint dieser Aufsatz auch von der Seite aus gesehen als Kreuz, aus welcher Richtung man auch auf den Bogen schaut, allerdings verfremdet, weil der horizontale Teil, der von oben gesehen eine Fläche ist, so schmal ist, wie das Stahlblech dick ist. Je näher man der Skulptur aber kommt, umso breiter werden die horizontalen Arme und die Form des lateinischen Kreuzes.

Die Skulptur soll folgende Maße haben: Felix Droese hat einen Durchmesser von 18 m angegeben für den queren, kreisförmigen Bogenteil, so dass auch die Höhe 9 m mißt. Hier ist das Kreuz verwurzelt, 2,50 m hoch, die Skulptur damit 11,50 m insgesamt.

Der Kreisbogen steht für Erdkreis, Kosmos und Horizont, die nicht sichtbare Hälfte des Kreises im Erdreich kann der Betrachter imaginieren – manchmal mag es eine vollkommene Kreisbildung durch Spiegelung im Wasser geben (wenn Hochwasser genau die Fußpunkte erreicht). Denkt man sich eine Fortsetzung der Bögen in beide Richtungen, werden die Flußwellen symbolisiert. Durch die Querstege entstehen auf beiden Seiten sehr unterschiedliche Spiele von Licht und Schatten, bei genügender Sonneneinstrahlung über den Tag hin sich ständig verändernd – das Verrinnen der Zeit wird erkennbar, es mag auch an ein Schöpfrad gedacht werden, wenn man von Süden auf die Skulptur schaut. Der Skulptur im Euklidischen Raum wird so eine vierte Dimension hinzugefügt. In der Kreuzmontage auf der Bogenhöhe durchbrechen sich vier Flächen, das Kreuz endet oben mit 12 Ecken.

Gemeinsamkeiten

Die zentrale Gemeinsamkeit der Entwürfe von Jacobus Kloppenburg und Felix Droese ist das Kreuz als immaterieller, verborgener und zeitloser Inhalt und der Edelstahl als materieller Inhalt, als Ausdruck unserer Zeit und der Werkbeständigkeit in die Zukunft weisend. Beiden Entwürfen liegen klassische (zeitlose) Formen der Geometrie zugrunde.

Beide Skulpturen sollen aus dem gleichen Edelstahl mit einer matten Oberfläche entstehen. Durch den Werkstoff werden die zeitlosen Formen dennoch in unserer Zeit verankert, ist doch der Edelstahl das dauerhafteste Material unserer Zeit aus Menschenhand für Großskulpturen. In beiden Skulpturen werden die 4 Elemente deutlich, das Feuer allerdings nur bei Sonneneinstrahlung.

Da die Große Achse von einigen Interpreten auch als eine geisterfüllte gesehen wird (auch religiösen Inhaltes), käme das Kreuz, das in beiden Skulpturen, allerdings sehr unterschiedlich deutlich, erscheint, einer solchen Interpretation entgegen. Von Anfang an spielt die Zahl 12 im Kunst-Projekt Skulpturen-Achse eine bedeutsame Rolle, fast könnte man sie einen Archetyp nennen unter den Zahlen. Sie ist in beiden Skulpturen verborgen.

Warum das Kreuz?

Beide Künstler kamen nach ersten Überlegungen spontan und unabhängig voneinander zu der Idee, daß im Zentrum ihres Entwurfes ein (das?) Kreuz stehen solle. Welches Kreuz? Und wofür soll das Kreuz stehen? Darauf muß jeder Betrachter seine eigene Antwort finden! Auch wenn das christliche Kreuz für viele Menschen in dieser Zeit der Verlorenheit und Orientierungslosigkeit, des Verlustes von Bindungsbereitschaft und Bindungsfähigkeit und der Ich-Bezogenheit bedeutungslos geworden sein mag, so steht es doch für die abendländische, die europäische Geschichte und es gehört unausweichlich zu unserer Identität.

Das Kreuz ist aber schon seit der frühen Steinzeit für den Menschen ein kosmologisches und metaphysisches Symbolzeichen und ein Ordnungszeichen, es taucht in steinzeitlichen Ritzungen und Felsmalereien auf. Es steht als Henkelkreuz bei den Ägyptern für Licht und Leben. Aus Kreis und Quadrat entstand das Radkreuz, aus diesem das links- und rechtsdrehende Hakenkreuz, von besonderer Bedeutung im Buddhismus als Swastik- und Sauvastik-Symbol. In dieser Form wurde es auch ideologisch mißbraucht.

Das aztekische Schrägkreuz stand als Symbol für die vier Weltgegenden. Das Tau-Kreuz, letztes Zeichen im hebräischen Alphabet (T-förmig), findet sich als Sepulcralzeichen in der frühen jüdischen Geschichte, es könnte auch das Zeichen auf der Stirn gewesen sein – ein Schutzzeichen. Der quere Balken symbolisiert den Himmel, der senkrechte den befruchtenden Quell des Lebens (des Regens).

Die Iren griffen das Radkreuz als ein keltisches Zeichen nach der Christianisierung wieder auf und erfüllten seine alte Symbolik mit dem des christlichen Kreuzes.

In der christlichen Ikonographie ist das Kreuz das zentrale Zeichen, es steht für Leben, Leiden, Tod und seine Überwindung durch Auferstehung in Vergebung und Erlösung. Also auch als ein Zeichen für die Liebe Gottes.

In Indien wird im Waldtempel von Sabarimala die Gottheit Ayyapa verehrt, Sohn der Götter Shiva und Vishnu. Man muß 41 Tage pilgern und fasten. Die 4 steht für Vishnu, die 1 für Shiva. In der Vereinigung werden sie zur 5. 4 minus 1 ergibt die 3. Die Zahlen 3-4-5 stellen die Formel des Universums dar. Die Drei steht für die Zeit: gestern-heute-morgen. Die Vier steht für das Reale der Welt (Himmelsrichtungen). „Die 5 schließlich repräsentiert die Sphären von jenseits von allem, das Nirwana der Götter“. Will man den Tempel erreichen, muß der Geläuterte 18 Stufen emporsteigen: die 18 steht in der tantrischen Lehre für die Energiepunkte des menschlichen Rückgrates, die „alle Kraft des Universums konzentrieren und unter der Schädeldecke explodieren lassen. Und diese Schädeldecke ist die Gruft des Ayyappas“. (Die Zeit Nr. 41 vom 1.12.2005)

Eine Überlegung: Das Pentagondodekaeder wird begrenzt von 30 Kanten und 12 Flächen, 30 minus 12 führt zur 18.

Bezug zu den Orten: Friedrich Leinung machte in einem Gespräch darauf aufmerksam, dass zur Zeit der Kreuzigung Christi eine batavische Kohorte in Jerusalem stationiert war. Waren es also römische Soldaten aus unserer Region, die Jesus von Nazareth ans Kreuz schlugen?

Konstruktionsmerkmale für den „Bogen über der Achse“

Bogen und quere „Kamm-Teile“ sollen je ein Meter breit sein. Daraus ergeben sich auch die übrigen Maße: Der Bogen ist innen 8,50 Meter und außen 9,50 Meter hoch. Entsprechend sind auch die Teile des dem Bogen aufsitzenden Kreuzes 1 Meter breit. Da dieses 2.50 Meter hoch sein soll und dem Kamm aufsitzt, ragt es noch 2 Meter über die äußere Bogenhöhe hinaus, die Gesamthöhe beträgt mithin also 11,50 Meter. Die Größe der Fundamente ist durch einen Statiker berechnet worden. Der Herstellungspreis hängt auch von den steigenden Preisen für Edelstahl ab. Es ist von einem Gesamtpreis für die Konstruktion, die Fundamentierung, den Aufbau und das Künstlerhonorar von wenigstens 600.000 € auszugehen. Das Land NRW hat, da Eigentümer des Grundstückes am Rhein, die Errichtung der Skulptur mit einem Gestattungsvertrag bereits genehmigt. Weitere Genehmigungen werden eingeholt.

Konstruktionsmerkmale für die „Europaskulptur“

Alle Maße werden von der Länge der Rechtecke von 3 m abgeleitet, was einen Durchmesser von 700 mm für den tragenden Sockelzylinder (Columna) bedeutet. Während die „Flügel“ aus dem schon vorgeschlagenen Edelstahl mit matter Oberfläche angefertigt werden, soll die Columna in der Oberfläche schwarz sein. Sie ist als tragendes Element in ihrer Bedeutung gegen das Rechteckkreuz (das Pentagondodekaeder) so weit wie möglich zurück zu nehmen. Der Drehmechanismus im Inneren der Columna scheint kein technisches Problem zu sein. Ein Elektrokabel ist vorgesehen, um das Kreuz von der Spitze der Columna, also von unten her, beleuchten zu können. Die Skulptur mit dem schlanken Sockel wird wenigstens 3000 Kg wiegen. Ausgehend von den reinen Herstellungskosten der Werkstatt (einschließlich MWSt.), den Kosten für eine Fundamentierung (die technisch noch zu lösen ist) und dem Künstlerhonorar ist von einer Summe von 80.000 € ausgehen. Für die Plazierung der Skulptur werden Genehmigungen eingeholt.

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Biographie Jakobus Kloppenburg

JK, wie er hier abgekürzt genannt wird (für viele seiner Arbeiten verwandte er nur ein K), wurde am 16.3.1930 in Amsterdam geboren. Schon 1933 zog die Familie - sein Vater betrieb ein kleines Werbegeschäft - in das Haus Lauriergracht 111, ein fast 300 Jahre altes, zur Straßenseite hin schmales und hohes mehrstöckiges Gebäude, das für sein ganzes Leben bedeutsam blieb. Die Lauriergracht gehört zum Stadtteil Jordaan, damals noch dicht bevölkert von hunderten sehr unterschiedlichen Arbeiten nachgehenden Handwerksbetrieben, von vielen kleinen Läden, bewohnt auch von Künstlern und mit einer ersten sehr lebendigen Jazzscene in den zahlreichen Kneipen. Es war ein den jungen JK prägendes soziales Umfeld. Das erste einschneidende große von außen einwirkende Erlebnis wurden der deutsche Überfall auf die Niederlande, die Besetzung, die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung, Luftangriffe der Alliierten und der in der Großstadt zunehmende Hunger bis zur Befreiung der nördlichen Niederlande im Frühjahr 1945. In die Kriegsjahre fiel auch die Trennung vom Vater, der die Familie 1943 verließ.

Für Kinder können Zeiten wie diese auch Abenteuer mit sich bringen: Im Nachbarhaus Lauriergracht 109 hatte die Amsterdamer Wagner-Gesellschaft ihre Requisiten gelagert, um die sich in den Kriegsjahren und verständlicherweise auch in den unmittelbaren Jahren danach niemand kümmerte. JK und seine beiden jüngeren Schwestern fanden über die Gebäuderückseite ein lockeres Oberlicht und erschlossen sich eine verzauberte Welt. Dicht beieinander standen Möbel, Bühnenbilder, Waffen und zu Hunderten hingen die Roben und Rüstungen auf der obersten Etage im alten Speicher unter dem Dach. Fragt man JK heute danach, verklären die Erinnerungen an diese Jugenderlebnisse noch immer sein Gesicht. Es ist wohl kein Zweifel, daß diese Wunderwelt dichtgedrängter Kunst - jede Requisite hatte doch ihre ganz eigene Bedeutung - den Keim legte für das Artchive for the future. JK besuchte von 1936 bis 1947 Grundschule und Oberschule, die er nicht abschließen kann. Der strenge Vater drängte ihn in einen für sein Werbegeschäft wichtigen Kalligraphiekursus, alles Künstlerische aber hielt er für unwichtig und unnütze Tätigkeit. So entwickelte JK seine Neigungen unter dem Schutz einer verständnisvollen Mutter, die ihre Familie durch ein eigenes Geschäft (an der Ecke Kaisergracht/Spiegelgracht gelegen) ernährte, anfangs war es ein Farbengeschäft, dann größer werdend ein Laden für Kunstgewerbewaren (De Pelikaan Warehouse, in dem JK auch aushalf). JK wurde ein eifriger Museumsgast, zumal der damaliger Direktor des Städtischen Museums sehr rasch die Moderne in sein Haus holte. JK malte nach COBRA.

Ab 1950 beginnt JK sich durch den Einfluß eines Schwagers mit Fotografie zu beschäftigen und er bekommt Kontakt zu den Werken Rudolf Steiners. Er wird ein sehr aktiver Hockeyspieler, nimmt auch an internationalen Turnieren teil. Ohne jede besondere Ausbildung arbeitet JK bereits als freier Künstler. Er entwirft Möbel, ein Hausboot und abstrakte Muster für Stoffdruck und gründet ein eigenes Label, aber trotz großer Anerkennung (besonders in Japan) scheitert das Geschäft an seinen eigenen zu hohen Ansprüchen.

Als die Wagner-Gesellschaft 1963 das Haus Lauriergracht 109 verläßt, mietet JK die oberen 5 der insgesamt 6 Stockwerke: Dies ist auch der reale Beginn seiner in Jahrzehnten zusammengetragenen Sammlung. Das, was nach dem Auszug der Wagner-Gesellschaft verstreut auf dem Boden liegen blieb, wurde zu Sammelstücken, waren alle diese Gegenstände doch behaftet sowohl mit seinen Erinnerungen daran aus den Kindertagen wie mit den Ausstrahlungen ihres eigentlichen Zweckes und den Gründen ihrer jahrelangen Nichtnutzung.

Nun beginnt er einzelne Gegenstände, aus der individuellen Nutzung fremder Menschen stammend und abgestellt als nicht mehr brauchbar am Straßenrand, zu sammeln, mit anderen zusammenzufügen, zu ordnen oder zu Skulpturen zu bündeln, in Bilder einzupassen. Es kann geschehen, daß er mit einem leeren Fahrrad losfährt und ein hoch beladenes nach Hause schiebt, daran bereits Fundstück an Fundstück gebunden und das Ganze als eine Einheit, als Skulptur einem einzigen Tag zugeordnet, dem schon Vorhandenem hinzufügt. Er beginnt, über jeden Tag Buch zu führen, er entwickelt und verwendet seine eigene Schrift (reduced alphabet), es entstehen surrealistische Zeichnungen.

1970 trifft er Eva Arnscheidt auf einem Seminar in den USA, sie heiraten und beziehen eines der ältesten erhalten gebliebenen Häuser in Düsseldorf in der Neubrückstraße zwischen der Kunsthalle und der Kunstakademie. Dort lebt er mit der wachsenden Familie (3 Kinder). Er selbst arbeitet aber sowohl in einem alten Bauernhaus hinter dem Seedeich bei Ternaard in den NL, wie in einem Atelier in der Merowingerstrasse in Düsseldorf und an der Lauriergracht in Amsterdam. Weil er aufgrund der niederländischen Künstlerversorgung (BKR) seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, arbeitet er fast ausschließlich für seine Sammlung, dorthin gelangt fast alles, was entsteht. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Goldenen Schnitt, 1972 wird eine entsprechende Skulptur von der BKR erworben. Er ist von Anfang an dabei, als Joseph Beuys mit anderen zusammen die Freie Internationale Universität (FIU) gründet. Von 1976 bis 1985 entstehen hunderte von Pastellzeichnungen im Format 100x70. Es gibt Teilnahmen an Gruppenausstellungen und Museen erwerben Arbeiten, besonders, nachdem er 1985 erstmalig in eine Einzelausstellung einwilligte (Museum Fodor Amsterdam). Auf die drängenden Kaufwünsche nach seinen Pastellarbeiten reagiert er durch vollständigen Abbruch dieser Malerei und Zuwendung zur künstlerischen Inbesitznahme ausgedienter VW-Türen, die vor der benachbarten Werkstatt ausrangiert abgestellt werden, als Medium für Bilder und Skulpturen.

Nach dem Tode der Mutter 1984 übernimmt JK das Haus Lauriergracht 111 (als Mieter). Dieses Gebäude wird zum endgültigen Domizil seiner schon umfangreichen und weiter wachsenden Sammlung, für die wohl nur der Begriff „Gesamtkunstwerk“ zutreffend sein konnte und für die 1987 erstmals der Ausdruck „Artchive for the future“ öffentlich verwandt wird. In diesen Jahren nimmt JK auch an Ausstellungen in Ausland teil. Er reist (mit Waldo Bien) nach Afrika, Südamerika und in die USA.

Es entstehen viele Fotos des Artchives, nicht allein als Dokumentation, sondern vorwiegend in einer Verfremdung als neue Kunstwerke durch Spiegelungseffekte (mirror palace), auch hier ist der unmittelbare Ort die Auslösung, hat doch JK das Phänomen der Spiegelung in der Wasseroberfläche der Grachten täglich seit seiner Kindheit vor Augen gehabt. Zu Beginn der 90er Jahre entdeckt JK, wie sich mit den von Früchten gelösten und gepreßten Schalen Kunstwerke herstellen lassen: Sein Vermögen, einen Raum zu erfassen und in die zweite Dimension auszubreiten, führt beim Abschälen einer Frucht in einem einzigen Vorgang zu immer neuen Bildern (Artvocado / 3-D Flat-Form). Milchtüten, Butterpackpapiere und Pizzakartons, alle Produkte der Wegwerfgesellschaft, werden medial neu verwendet.

Nachdem die Stadt Amsterdam ein Programm aufgelegt hat, den Stadtteil Jordaan „sozial umzuwidmen“, will auch der Besitzer der Häuser Lauriergracht 109 und 111 diese zu modernen Wohnungen umbauen und kündigt dem Mieter JK. Da ein Auszug das Gesamtkunstwerk weitgehend zerstören würde, setzen sich JK und seine Freunde, aber auch zunehmend international bekannte Persönlichkeiten für den Erhalt des „Gesamtkunstwerkes“ ein. Der Vermieter läßt 1996 das Dach abbrechen, Feuchtigkeit zerstört erste Teile der Sammlung, darunter viele der Pastellzeichnungen. Die Behörden der Stadt Amsterdam setzen Fristen unter der Begründung, es bestünde eine erhöhte Brandgefahr. Das Museum Schloss Moyland erklärt sich bereit, die Möglichkeit einer Übernahme zu untersuchen. Bevor aber alle Einzelheiten abgeklärt sind, läßt die Stadt durch ein Abbruchunternehmen in einer Art „Nacht- und Nebelaktion“ am 14.10.1997 das Haus räumen und die Sammlung in zahlreiche Container stopfen ohne jede Rücksicht auf die zum Teil sehr empfindlichen Arbeiten, und fordert ab Räumungstag erhebliche Mietzahlungen von JK für die 13 Container. Zwar ging das barbarische Vorgehen durch die Presse und es kam zu Protesten weltweit, jedoch zu keinerlei positiven Reaktionen der Behörden. So liegen die Trümmer der Sammlung auch 2006 trotz jahrelanger Rechtsstreite noch immer in den Containern, einige wurden aufgebrochen und geplündert.

Das Drama der Zerstörung des Gesamtkunstwerkes traf JK tief, lähmte seine Schaffenskraft aber nicht. Er beteiligtesich an Ausstellungen und Projekten, wurde Mitgründer der Kunstsammlung der FIU (FIUWAC), an der sich Künstler aus der ganzen Welt beteiligen und die bei der Triodos-Bank Aufnahme gefunden hat. Es entsteht Konzept-Kunst unter dem Begriff TRASHETICAL LITTERARTURE, JK beteiligt sich an der wandernden und wachsenden Ausstellung BISON CARAVAN, einem Projekt gegen Zerstörung von Natur und Kultur. Ende 2005 erscheint nach seinem 75. Geburtstag das Buch Jacobus Kloppenburg von Patrick Healy und Waldo Bien (Wienand ISBN 3-87909-877-8). Daraus wird mit Genehmigung des Herausgebers und des Autors der folgende Text übernommen: Was regelhaft wächst, muß seine Regeln von vornherein in sich haben Alle Kunst entsteht zwischen den Polen von Chaos und Ordnung. Der Drang nach Freiheit nähert sie dem Ersteren, der Trieb zur Form bewirkt eine Orientierung zum Letzteren hin. Indem heute das Vertrauen in die Tragfähigkeit und Reichweite vielleicht denn doch hypothetischer Regelfestlegungen erschüttert ist, wendet sich der suchende Blick dem, wie man glaubte, Regellosen zu. Ist es ja doch das Chaos, aus dem sich alles gebiert, und was regelhaft wächst, muß seine Regeln von vornherein in sich haben.

Jacobus Kloppenburgs Kunst basiert auf einer steten, beobachtenden und besonnenen Fantasie. Sie ist nicht exzessiv, man könnte sie nüchtern nennen. Keineswegs so aber, daß sie sich in eine einschränkende Zucht nähme; sie ist vielmehr geradezu überbordend fruchtbar. Konzentriert ist sie in sich, nicht in der Beschränkung auf´s Wenige, das denn das Wesentliche sei. Alles vielmehr, das wahrhaft Viele, ist wesentlich. Die Fülle gibt ihm sein Gewicht, das Einzelne bietet die Gewähr für dieses.Alles ist in seinem Blickfeld, alles bietet ihm seine Stofflichkeit zur geistigen Besitznahme an. So ist es ein Unmaß von materiellen Dingen, die er sich aneignet: abgelebte, verzehrte, ausgeschiedene Gegenstände und Stücke, gezeichnet von ihren Schicksalen, dem Verschwinden entrissen, geborgen und zusammengebracht. In den Räumen eines großen Hauses inmitten einer großen Stadt sammeln sich Zeugnisse ihrer unterschwelligen, nie ernsthaft wahrgenommenen Geschichte. Eine eindringliche Zeugenschaft, ein Gegenprogramm zu dem, was die Stadt selbst im Sinne ihres Glanzes geschichtlich bezeugenswert findet. Hier dagegen ist es die wirkliche Lebensspur. Wenn sie von behördlicher Zerstörung bedroht ist, so vielleicht nicht nur, weil eine ordentliche Gesinnung dem, was sie als chaotisch erachtet, hilflos und feindlich gegenüber steht; auch Gesichtspunkte des Profits mögen nicht allein ausschlaggebend sein; es ist vielleicht auch im Spiel, daß man sich solcher Zeugnisse des eigenen Gewordenseins schämt. Alle Erhabenheit aber ist künstlch, letztlich ist sie leblos. Voller Leben dagegen ist das, was Jacobus Kloppenburg angesammelt und gestapelt hat. Daß dies nicht wahllos geschah, macht sich aus den Zusammenhängen erkenntlich, in die er die Dinge gebracht hat. Unaufdringlich sind es in Form gebrachte Assoziationen, Analogien, Koppelungen, Schichtungen, Richtungsgegensätze. Ein Organisieren der von sich her ungerichteten Massen und der markant sich daraus hervortuenden Einzelheiten in Korrespondenz zueinander und in der Strukturierung der räumlichen Dimensionen. Ein eigener Kosmos in Wahrheit, das Chaos als tragende, zeugende Kraft. In dieser Konsequenz ist Jacobus Kloppenburgs Werk einmalig, es ist den geistigen Positionen unserer Zeit ganz angemessen und damit ein unvergleichliches Zeugnis unserer Geisteskultur.

Und wie alles Große bescheiden. Keine Paukenschläge, keine Fanfarenstöße, nichts von Anspruch erhebender Selbstdarstellung. Sondern die stete, stille Hingabe an das, was er zu seinerAufgabe gemacht hat. Grundlage ist seine differenzierte Kenntnis von Gesetzen, Regeln, Ordnungen, wie sie sich formal errichten und ablesen lassen. Inwendig ist alles voller Figur, Dürer wußte es. Figur ist das in Zahl und Maß Nachweisbare. Jacobus Kloppenburg ist eine subtile Geometrie in allem zu Diensten. Ernsthaft und spielerisch zugleich wird sie angewendet. Die Schalen kugelförmiger Früchte etwa finden sich, durch Einschnitte gelöst, ins Flache gebreitet, das Sphärische wird ins Ebene überführt. Daß dies in, wie es scheint, unendlich vielen Variationen geschieht, erweist den Reichtum der dem Künstler verfügbaren Möglichkeiten. Jede der Ausformungen ist frisch und spannend. So im Kleinen wie im Großen. Zeichnerisch und dreidimensional hat er geometrische Gebilde von unbezweifelbarer Erlesenheit geschaffen. Ein reiches Werk jedem, der die Gabe hat, derartigen Reichtum wahrzunehmen.

Franz Joseph van der Grinten – Mala, 2. Oktober 2005

 

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